SICHERHEITSBELEUCHTUNG - NORMEN, VERORDNUNGEN UND TECHNISCHE REGELN IN DEUTSCHLAND

Bei der Planung eines Notbeleuchtungssystems lautet eine zentrale Fragestellung: Welche Normen und Vorschriften sind für dieses Projekt relevant? Denn eine Nichtbeachtung kann schwerwiegende Folgen haben, beispielsweise die Ablehnung der Bauabnahme eines Gebäudes durch eine Prüfung oder ein gerichtliches Verfahren hinsichtlich Schadensersatzansprüchen nach einem Ernstfall oder Unfall.
Auf der Seite werden Übersichten relevanter Vorschriften in Deutschland dargestellt, die einzelne Bereiche der Planung und Installation von Not- und Sicherheitsbeleuchtung betreffen. Die unter Normen und Vorschriften in Europa beschriebene Faustregel zur Gültigkeit von Vorschriften ist auch hier anzuwenden.

VERHÄLTNIS BUNDESRECHT ZU LANDESRECHT

In einem Bundesland, z.B. Hessen, können grundsätzlich Vorschriften des Bundesrechts (ArbStättV) und des Landesrechts (Hessische Bauordnung) nebeneinander beziehungsweise ergänzend bestehen und angewandt werden. Bei einer Kollision muss im Einzelfall entschieden werden (Stichwort „weitergehender Schutz“).   

Technische Normen sind sowohl im Arbeitsstättenrecht als auch im Baurecht von großer Bedeutung. Dazu gehören die Arbeitsstättenregeln (ASR), welche im Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) erarbeitet und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht werden ebenso wie bautechnische Normen, in erster Linie DIN-Normen, die bauordnungsrechtliche Anforderungen konkretisieren.

Normen haben Empfehlungscharakter und ihre Anwendung erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis. Sie sind rechtlich nicht bindend und unterscheiden sich somit von Gesetzen. Gerichte betrachten DIN-Normen als allgemein anerkannte Regeln der Technik. Jedoch können Normen auch Rechtsverbindlichkeit erlangen, wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen, z. B. EU-Richtlinien, auf sie verweisen. 

 
Bundesebene Arbeitsstättenverordnung
(ArbStättV)
Öffentliches Baurecht
Muster-Bauordnung (MBO)
Landesebene Landesbauordnung des
jeweiligen Bundeslandes
Baurecht Technische Normen
(DIN-Normen)

ARTEN VON DIN-NORMEN

BEZEICHNUNG ERLÄUTERUNG BEISPIEL
DIN Nationale Norm DIN 4844-1 Graphische Symbole, Teil 1
DIN EN Europäische Norm (harmonisierte  Norm), die als deutsche Fassung in die DIN übernommen wurde DIN EN 1838 Angewandte Lichttechnik – Notbeleuchtung
DIN EN ISO Europäische Norm, die auf einer ISO-Norm beruht und in die DIN übernommen wurde DIN EN ISO 9000 Qualitätsmanagement
DIN VDE VDE-Vorschrift, die in die DIN übernommen wurde DIN VDE 0100-560 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-56: Auswahl  und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Einrichtungen für Sicherheitszwecke
Flughafen Rettungszeichenleuchte

ÜBERSICHT DIN-NORMEN ZU LICHTTECHNISCHEN ANFORDERUNGEN

DIN EN 1838
(2019-11)
Notbeleuchtung
DIN EN 1838
(2019-11)
Angewandte Lichttechnik – Notbeleuchtung; Deutsche Fassung EN 1838:2013, Ausgabe 2019-11
DIN EN 13032-3
(2007-12)
Licht und Beleuchtung – Messung und Darstellung photometrischer Daten von Lampen und Leuchten, Teil 3: Darstellung von Daten für  die Notbeleuchtung von Arbeitsstätten
DIN 5035-6
(2006-11)
Beleuchtung mit künstlichem Licht – Teil 6: Messung und Bewertung
DIN 4844-1
(2012-06)
Graphische Symbole – Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen –  Teil 1: Erkennungsweiten und farb- und photometrische Anforderungen
DIN ISO 3864-1
(2012-06)
Grafische Symbole – Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen – 
Teil 1: Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitszeichen und Sicherheitsmarkierungen
DIN EN ISO 7010
(2012-10)
Graphische Symbole – Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen – Registrierte Sicherheitszeichen

ÜBERSICHT DIN-NORMEN ZU ELEKTROTECHNISCHEN ANFORDERUNGEN

DIN VDE 0100-560
(2013-10)
Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 5-56: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Einrichtungen für Sicherheitszwecke
DIN VDE 0100-710
(2012-10)
Errichten von Niederspannungsanlagen – Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Teil 710:  Medizinisch genutzte Bereiche
DIN VDE 0100-718
(2014-06)
Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 7-718: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art
DIN VDE V 0108-100-1 (2018-12) Sicherheitsbeleuchtungsanlagen
DIN EN 50171
(2001-11)
Zentrale Stromversorgungssysteme
DIN EN 50172
(2005-01)
Sicherheitsbeleuchtungsanlagen (VDE 0108 Teil 100)
DIN EN IEC 62485-2 (2019-04); VDE 0510-485-2 (2019-04) Sicherheitsanforderungen an Sekundär-Batterien und Batterieanlagen – Teil 2: Stationäre Batterien (IEC 62485-2:2010); Deutsche Fassung 
EN IEC 62485-2:2018
DIN EN 60598-1
(2015-10)
Leuchten – Allgemeine Anforderungen und Prüfungen (VDE 0711 Teil 1)
DIN EN 60598-2-22 Ber 2 (2017-05) Leuchten – Teil 2-22: Besondere Anforderungen –Leuchten für Notbeleuchtung (VDE 0711 Teil 2-22 Ber 2) (IEC 60598-2-22)
DIN EN 62034
(2013-02)
Automatische Prüfsysteme für batteriebetriebene Sicherheitsbeleuchtung für Rettungswege (IEC 62034:2006)

ARBEITSSCHUTZ IN DEUTSCHLAND

„Das Arbeitsschutzgesetz regelt für alle Tätigkeitsbereiche die grundlegenden Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers, die Pflichten und die Rechte der Beschäftigten sowie die Überwachung des Arbeitsschutzes nach diesem Gesetz.“ 
(Quelle: www.bmas.de)
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) fordert Unternehmen dazu auf, eine Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze durchzuführen. Wenn die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass nach einem Ausfall der allgemeinen Beleuchtung mit einer Gefährdung zu rechnen ist, muss eine Sicherheitsbeleuchtung installiert werden.

ArbStättV (2004-08)

Arbeitsstättenverordnung
ASR A1.3
(2013-02, geändert 2017)
Technische Regel für Arbeitsstätten: Sicherheits- und Gesundheits-schutzkennzeichnung
ASR A2.3
(2007-08, geänd. 2017)
Technische Regel für Arbeitsstätten: Fluchtwege, Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan
ASR A3.4/7
(2009-05, geänd. 2017)
Technische Regel für Arbeitsstätten: Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme
Sicherheitsbeleuchtung mit Fluglotse

BAURECHT UND MUSTER-BAUORDNUNG

Die Muster-Bauordnung (MBO) ist eine Standard- und Mindestbauordnung, die den Bundesländern als Grundlage für ihre jeweiligen Landesbauordnungen dient.
 
MBO Muster-Bauordnung
MVStättV  Muster-Versammlungsstättenverordnung
MGarVO Muster-Garagenverordnung
MIndBauRL Muster-Industriebaurichtlinie
MBeVO Muster-Beherbergungsstättenverordnung
MSchulbauR Muster-Schulbau-Richtlinie
MHHR Muster-Hochhausrichtlinie
MLAR Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie
MVkVO Muster-Verkaufsstättenverordnung
M-EltBauVO Musterverordnung über den Bau von Betriebsräumen für elektrische Anlage

VORGABEN FÜR FLUCHT- UND RETTUNGSWEGE

In der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ ist definiert, unter welchen Bedingungen eine Sicherheitsbeleuchtung für erste und zweite Fluchtwege erforderlich ist. Außerdem wird der Begriff „Fluchtweg“ erläutert und in Bezug zu „Rettungsweg“ gesetzt sowie auf das Bauordnungsrecht hingewiesen.
 Auszug aus DIN EN 1838 Punkt 3 „Begriffe“ 
3.2 Rettungsweg
Weg, der im Notfall zum Verlassen genutzt wird, vom Beginn bis zu dem sicheren Bereich (Punkt 3.12 Sicherer Bereich: ausgewiesener Bereich, an dem sich flüchtende Personen sicher versammeln können und nicht durch die Notsituation gefährdet werden)

 Auszug aus ASR A2.3, Punkt 8 „Sicherheitsbeleuchtung“ 
„Fluchtwege sind mit einer Sicherheitsbeleuchtung auszurüsten, wenn bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung das gefahrlose Verlassen der Ar-beitsstätte nicht gewährleistet ist.

Eine Sicherheitsbeleuchtung kann z. B. in Arbeitsstätten erforderlich sein
  • mit großer Personenbelegung, hoher Geschosszahl, Bereichen erhöhter Gefährdung oder unübersichtlicher Fluchtwegführung
  • die durch ortsunkundige Personen genutzt werden
  • n denen große Räume durchquert werden müssen (z. B. Hallen, Groß-raumbüros oder Verkaufsgeschäfte)
  • ohne Tageslichtbeleuchtung, z. B. bei Räumen unter Erdgleiche.“
 Auszug aus ASR 2.3, Punkt 3.1 
„Fluchtwege sind Verkehrswege, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der Flucht aus einem möglichen Gefährdungsbereich und in der Regel zugleich der Rettung von Personen dienen. Fluchtwege führen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich. Fluchtwege im Sinne dieser Regel sind auch die im Bauordnungsrecht definierten Rettungswege, sofern sie selbstständig begangen werden können.“

 Auszug aus ASR 2.3, Punkt 4, Abs. (1) 
Beim Einrichten und Betreiben von Fluchtwegen und Notausgängen sind die beim Errichten von Rettungswegen zu beachtenden Anforderungen des Bauordnungsrechts der Länder zu berücksichtigen. Darüber hinaus können sich weitergehende Anforderungen an Fluchtwege und Notausgänge aus dieser Arbeitsstättenregel ergeben. Dies gilt z. B. für das Erfordernis zur Einrichtung eines zweiten Fluchtweges.
Schlussfolgerung:
 
Flucht- und Rettungswege sind demnach nicht unweigerlich identisch, weisen aber eine deutliche gemeinsame Schnittmenge auf, weil ein Fluchtweg auch ein Rettungsweg und ein Rettungsweg auch ein Fluchtweg sein kann, aber eben nicht unbedingt sein muss. Somit stehen das Bauordnungsrecht und das Arbeitsstättenrecht in dieser Hinsicht grundsätzlich nicht in einem konkurrierenden und sich möglicherweise widersprechendem Verhältnis.
 

ANWENDUNGSBEISPIEL SPORTHALLE

Exemplarisch ist hier der Abschnitt aus einer Baugenehmigung für die Sanierung einer kleinen Sporthalle (nicht mehr als 200 Personen gleichzeitig anwesend) bezüglich Rettungswegen widergegeben. Neben den Vorgaben gemäß der jeweiligen bundeslandspezifischen Bauordnung ist zu erkennen, dass die Vorgaben der genannten DIN-Norm oder auch VDE-Richtlinie als bindend definiert werden. Jedoch bleibt festzustellen, dass wichtige Angaben nicht weiter konkretisiert werden, z. B. die Formulierung „… sind durch lang nachleuchtende Rettungszeichen in ausreichender Anzahl und Größe dauerhaft zu kennzeichnen.“ Zur ausreichenden Anzahl und Größe werden keinerlei Angaben gemacht. Demzufolge muss sich der Planer selbst  umfassend informieren und die Vorgaben in jedem Einzelprojekt entsprechend umsetzen.
 
Rettungswege
 
  1. Rettungswege wie Treppenräume, Flure, Gänge und Ausgänge sind durch lang nachleuchtende Rettungszeichen in ausreichender Anzahl und Größe dauerhaft zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung ist so vorzunehmen, dass der Verlauf des Rettungsweges eindeutig erkennbar ist.
  2. Die Notausgänge sind ständig und in voller Breite frei zu halten und müssen auch von außen sichtbar gekennzeichnet und frei gehalten werden.
  3. Türen im Verlauf von Rettungswegen müssen in Fluchtrichtung, Türen von Rettungswegen ins Freie nach außen aufschlagen. Die Türen müssen sich aus der Fluchtrichtung ohne Hilfsmittel öffnen lassen.
  4. Rettungswege wie Treppenräume, Flure, Gänge und Ausgänge sind durch Rettungszeichen nach DIN 4844 Teil 1, Abschnitt 5.4 in ausreichender Anzahl und Größe dauerhaft zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung ist so vorzunehmen, dass der Verlauf des Rettungsweges eindeutig erkennbar ist.
  5. Die Rettungszeichen sind durch eine Sicherheitsbeleuchtung nach VDE 0108 ausreichend zu beleuchten.