Notbeleuchtung: Grundlagen, Normen und technische Anforderungen
Sicherheitsbeleuchtung und Brandschutz - Wie Systeme zusammenwirken
Im Brandfall zählt jede Sekunde. Wenn der Strom ausfällt, Rauch die Sicht nimmt und Panik ausbricht, wird die Sicherheitsbeleuchtung zum Lebensretter. Doch wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Brandschutzsystemen und Notbeleuchtung? Welche rechtlichen Vorgaben gelten, und wie werden diese Systeme optimal aufeinander abgestimmt? Dieser Beitrag gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die Integration von Sicherheitsbeleuchtung in ganzheitliche Brandschutzkonzepte
Das Wichtigste auf einen Blick
Sicherheitsbeleuchtung ist Teil des Brandschutzkonzepts
Sie gewährleistet die sichere Evakuierung bei Stromausfall und ist in vielen Gebäudetypen gesetzlich vorgeschrieben.
Drei Hauptkomponenten
Fluchtwegbeleuchtung (mindestens 1 Lux auf Mittelachse), Antipanikbeleuchtung für große Räume und Rettungszeichenleuchten zur Kennzeichnung der Fluchtwege.
Unabhängige Stromversorgung
Systeme müssen mindestens 30 Minuten (in Arbeitsstätten) bis zu 3 Stunden (in Beherbergungsstätten) autark funktionieren.
Gesetzliche Grundlagen
ASR A2.3, DIN EN 1838, DIN EN 50172 sowie Landesbauordnungen und Brandschutzkonzepte regeln Installation und Betrieb.
Integration mit Brandmeldeanlage
Bei vorhandener BMA muss die Sicherheitsbeleuchtung im Brandfall automatisch aktiviert werden.
Regelmäßige Prüfung ist Pflicht
Monatliche Funktionstests, jährliche Betriebsdauertests und alle drei Jahre Sachverständigenprüfungen nach DIN EN 50172 sind erforderlich.
Funktionserhalt
Leitungen müssen brandschutztechnisch so ausgeführt sein, dass sie mindestens 30 Minuten funktionsfähig bleiben.
Die drei Arten der Sicherheitsbeleuchtung
Sicherheitsbeleuchtung für Fluchtwege
Diese beleuchtet Rettungswege vom Aufenthaltsort bis ins Freie. Gemäß DIN EN 1838 muss auf der Mittelachse eines Fluchtwegs eine Beleuchtungsstärke von mindestens 1 Lux erreicht werden. Die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung darf dabei ein Verhältnis von 40:1 nicht überschreiten, um Blendeffekte und gefährliche Schattenbildung zu vermeiden.
Antipanikbeleuchtung
In großen Räumen mit hoher Personenbelegung (wie Veranstaltungssälen, Mehrzweckhallen oder Einkaufszentren) ist eine Antipanikbeleuchtung erforderlich. Sie verhindert Desorientierung und Panik, indem sie eine ausreichende Beleuchtung der gesamten Fläche gewährleistet, damit Personen die Fluchtwege sicher erreichen können.
Beleuchtung für Arbeitsplätze mit besonderer Gefährdung
An Arbeitsplätzen, an denen bei Stromausfall erhöhte Gefahr besteht (z. B. bei Arbeiten mit heißen Bädern, Gießgruben, elektrischen Betriebsräumen oder in der chemischen Industrie), ist eine spezielle Sicherheitsbeleuchtung erforderlich, damit gefährliche Arbeiten sicher beendet werden können.
Rechtliche Grundlagen und Vorschriften
Die Installation von Sicherheitsbeleuchtung wird durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Rechtsvorschriften geregelt.
Arbeitsschutzrecht
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) bilden die Grundlage für Arbeitsstätten. Die ASR A2.3 fordert eine Sicherheitsbeleuchtung, wenn das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung nicht mehr gewährleistet ist.
Bauordnungsrecht
Landesbauordnungen und Sonderbauverordnungen (wie die Muster-Beherbergungsstättenverordnung MBeVO, Muster-Hochhaus-Richtlinie MHHR oder Muster-Versammlungsstättenverordnung MVStättV) schreiben für bestimmte Gebäudetypen die Installation von Sicherheitsbeleuchtung vor.
Technische Normen
● DIN EN 1838: Definiert die lichttechnischen Anforderungen an Sicherheitsbeleuchtung
● DIN EN 50172 (VDE 0108-100): Regelt Planung, Installation, Inbetriebnahme, Prüfung und Wartung von Sicherheitsbeleuchtungsanlage
● DIN VDE V 0108-100-1: Ergänzende Festlegungen speziell für den deutschen Markt
● DIN VDE 0100-560: Anforderungen an Einrichtungen für Sicherheitszwecke
Zusammenspiel mit weiteren Brandschutzeinrichtungen
- Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA): Öffnen sich bei Aktivierung der Sicherheitsbeleuchtung, um Rauch abzuführen und die Sichtbarkeit der Fluchtwege zu verbessern.
- Türfeststellanlagen: Schließen Brandschutztüren automatisch; Sicherheitsbeleuchtung sorgt für gute Sichtbarkeit
- Sprachalarmierung: Kombiniert akustische und visuelle Fluchtführung.
- Lüftungsanlagen: Schalten im Brandfall ab, um die Rauchausbreitung zu verhindern.
Unabhängigkeit und Redundanz
Ein zentrales Prinzip des Brandschutzes ist die Unabhängigkeit der Sicherheitsbeleuchtung von der allgemeinen Stromversorgung. Dies wird erreicht durch:
● Zentrale Batteriesysteme (ZBS)
● Gruppenbatteriesysteme
● Einzelbatteriesysteme
Die Betriebsdauer muss je nach Gebäudetyp und Nutzung zwischen 30 Minuten (Arbeitsstätten) und bis zu 8 Stunden (Beherbergungsstätten ohne Zeitschaltung) betragen.
Funktionserhalt und Brandschutz der Leitungsanlagen
Die Leitungen der Sicherheitsbeleuchtung müssen auch bei Brandeinwirkung für die erforderliche Dauer funktionsfähig bleiben. Dies wird erreicht durch:
● Getrennte Verlegung unter Putz oder in Beton
● Installationskanäle mit Feuerwiderstand (mindestens EI 30)
● Verwendung von Kabeln und Leitungssystemen mit Funktionserhalt
Kosten & Wirtschaftlichkeit
Die Kosten einer Sicherheitsbeleuchtungsanlage hängen stark von der Gebäudegröße, dem Systemtyp und den technischen Anforderungen ab.
Einzelbatterie-System
Anschaffungskosten
Gering bis mittel
Installationsaufwand
Gering
Wartungskosten
Hoch (jede Leuchte einzeln prüfen)
Lebenszykluskosten
Mittel
Geeignet für
Kleine bis mittlere Gebäude
ZentralbatterieSystem
Anschaffungskosten
Hoch
Installationsaufwand
Hoch
Wartungskosten
Gering (zentrale Überwachung)
Lebenszykluskosten
Niedrig bis mittel
Geeignet für
Große, komplexe Objekte
Tipp: Zentralbatteriesysteme sind langfristig oft wirtschaftlicher durch geringeren Wartungsaufwand und längere Lebensdauer.
Vergleich: Einzelbatterie vs. Zentralbatterie
Einzelbatterie-System
Versorgung
Jede Leuchte mit eigener Batterie
Vorteile
Einfache Nachrüstung, keine Funktionserhalt-Leitungen, modular
Nachteile
Hoher Wartungsaufwand
Einsatzbereich
Nachrüstung, kleine Gebäude
Zentralbatteriesystem
Versorgung
Eine zentrale Batterie versorgt alle Leuchten
Vorteile
Zentrale Kontrolle, längere Batterielebensdauer
Nachteile
Höhere Investition, komplexere Verkabelung
Einsatzbereich
Neubau, Großobjekte, Industrieanlagen
Planung und Projektierung: Der Weg zum sicheren Konzept
1. Analyse der Anforderungen
Gebäudetyp und Nutzung bestimmen, Rechtsvorschriften prüfen, Fluchtwege identifizieren
2. Konzeptentwicklung
Systemart, Beleuchtungsstärken und Schnittstellen zu Brandschutzsystemen festlegen.
3. Technische Ausführung
Auswahl zertifizierter Komponenten, Integration in die Gebäudeleittechnik, Sicherstellung des Funktionserhalts.
4. Dokumentation
Erstellung von Leuchtenplänen, Prüfbüchern und Integration in Flucht- und Rettungspläne.
Checkliste für Betreiber
Planung & Konzept
- Brandschutzkonzept prüfen
- Fluchtwege analysieren
- Systemtyp wählen
- Normen beachten
Installation
- Fachbetrieb beauftragen
- Leitungsführung mit Funktionserhalt planen
- Integration in Brandmeldeanlage sicherstellen
Betrieb & Wartung
- Verantwortliche Person benennen
- Monatliche Tests durchführen
- Ersatzbatterien rechtzeitig wechseln
Dokumentation
- Prüfbuch führen
- Prüfberichte vier Jahre aufbewahren
- Sachverständigenprüfung alle drei Jahre
Praxisbeispiele aus verschiedenen Gebäudetypen
Wartung und Prüfung: Sicherheit durch regelmäßige Kontrolle
Die DIN EN 50172 schreibt detaillierte Prüf- und Wartungsintervalle vor:
-
Täglich: Visuelle Kontrolle der Betriebsanzeigen
-
Monatlich: Funktionsprüfung durch Simulation eines Netzausfalls
-
Jährlich: Betriebsdauertest über volle Bemessungsdauer
-
Alle 3 Jahre: Sachverständigenprüfung der gesamten Anlage
Alle Prüfungen sind im Prüfbuch zu dokumentieren. Moderne Systeme bieten automatische Prüf- und Dokumentationsfunktionen.
Sanierung & Nachrüstung
Viele Bestandsgebäude müssen ihre Sicherheitsbeleuchtung modernisieren, um den aktuellen Normen zu entsprechen
Typische Gründe
- Alte Leuchtstofftechnik
- Fehlende Integration in Brandmeldeanlagen
- Keine Funktionserhalt-Leitungen
- Lückenhafte Dokumentation
Empfehlung
Setzen Sie auf moderne LED- oder Wireless-Systeme mit automatischer Prüfung. Sie senken Energiekosten, vereinfachen Wartung und erfüllen aktuelle Normen. Förderprogramme wie BAFA oder KfW unterstützen Investitionen in energieeffiziente Nachrüstungen.
Innovative Technologien und Zukunftstrends
- LED-Technologie: Langlebig, effizient, wartungsarm
- Wireless-Überwachung: Automatische Prüfberichte, Cloud-Monitoring
- Adaptive Beleuchtung: Dynamische Fluchtwegführung bei Brandalarm
- IoT-Integration: Echtzeitüberwachung, Predictive Maintenance
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
-
Wann ist eine Sicherheitsbeleuchtung gesetzlich vorgeschrieben?
Immer dann, wenn bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung das gefahrlose Verlassen des Gebäudes oder das sichere Beenden von Arbeitsvorgängen nicht gewährleistet ist.
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Wie lange muss eine Sicherheitsbeleuchtung im Brandfall funktionieren?
Mindestens 60 Minuten in Arbeitsstätten, bis zu 8 Stunden in Beherbergungsstätten ohne Zeitschaltung.
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Muss die Sicherheitsbeleuchtung automatisch mit der Brandmeldeanlage gekoppelt sein?
Nein, eine generelle gesetzliche Pflicht zur Kopplung gibt es nicht; das primäre Auslösekriterium ist der Ausfall der allgemeinen Stromversorgung. Allerdings kann eine Kopplung durch das individuelle Brandschutzkonzept (z. B. bei Versammlungsstätten oder dynamischen Leitsystemen) vorgeschrieben sein.
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Welche Beleuchtungsstärke ist auf Fluchtwegen erforderlich?
Mindestens 1 Lux auf der Mittelachse, Gleichmäßigkeit maximal 40:1.
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Was bedeutet Funktionserhalt bei Sicherheitsbeleuchtung?
Die Leitungen müssen auch bei Brandeinwirkung mindestens 30 Minuten funktionsfähig bleiben.
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Wie oft muss eine Sicherheitsbeleuchtung geprüft werden?
TäglicheSichtprüfung, Monatlich Funktionstest, jährlich Betriebsdauertest, alle drei Jahre Sachverständigenprüfung.
-
Was ist der Unterschied zwischen Zentral- und Einzelbatteriesystemen?
Einzelbatteriesysteme: Jede Leuchte hat ihren eigenen Akku integriert.
Zentralbatteriesysteme: Eine zentrale Anlage (CPS) im Technikraum versorgt alle Leuchten. -
Können LED-Leuchten für Sicherheitsbeleuchtung verwendet werden?
Ja, moderne LED-Leuchten sind energieeffizient, langlebig und wartungsarm.